ALFRED 23 HARTH - JOHN BELL Camellia (Kendra Steiner Editions #318, CD-R)

Zwei Kamelienherren im Miteinander von Dumas & Tagore, von 'Tea & Oil', von 'Gugak Fake & Love'. Vor allem aber ist es Sopransax (plus koreanische Tröter, Posaune und Percussion) seitens Harth, & Vibraphon (plus Tenorhorn und Buktrommel) seitens seines neuseeländischen Partners, den er nach einer gemeinsamen Tour an Koreas Südküste in sein Laubhüttenstudio gebeten hat. Bell, der aus Auckland kommt, ist keineswegs ein Nobody. Er hat mit Klunk 'Metallic', seinem Trio Spirals, Spoilers Of Utopia, Circling Sun oder dem Modern Jazz Q4tet seine Originalität gezeigt, auch wenn das, weil antipodisch, hinter dem Horizont blieb. Vielleicht mit einem Hobbit als Attraktion? Aber nun hat er ja Mr. 23 an der Seite, und teilt mit ihm eine Vorliebe für Peace & Entschleunigung. Fast nicht zu glauben, dass Bell kein Künstlername ist, so glockig wie er da klöppelt. Ältere Harth-Stücke von "eShip Sum" und mit dem Trio Viriditas und richtig alte von "This Earth!" und mit dem Saxophonorchester Frankfurt geben Gelegenheit, sich enorm lyrisch zu zeigen. Mit glasperlenspielerisch umtüpfelten Sopranostrichen oder -klecksen, die Harth ins Blau kalligrafiert. Wobei die Innigkeit des Ausdrucks quasi verlangt, dass der Strich nicht glatt und sauber ausgeführt wird. 'Transitoriness' ist dazwischen ein Ohrenzupfer als von Entenquak verunklarte Blasmusik. Atem und Spucke sind immer mit im Spiel. Dem nostalgischen 'La Place Où se Cachent Le Mot Oublié' folgt rasantes Geklimper wie 'Colors & Ornaments' und 'Rust & Petals'. Harth wird, keckernd und tutend, indem er hornissig durchs Taepyeongso surrt oder mit dem Piri den Mond aufbläst, immer wieder zur westöstlichen Hydra. Auch das gedehnte Lullaby 'Ending Peace Cloud' wird umgehend mit dem superquicken 'Brüche & Scherben' aufgekratzt konterkariert. Worauf wieder ein Stück mit geschliffenem Schwebklang wie von Glasharmonika folgt, während draußen Regen plätschert. Bei 'Starbucks' kommt beides, Harmonie und Dissonanz, zusammen, wenn schrottig geratschte Percussion die getragene Poesie durchzuckt. Auf den letzten zwei Minuten hüllt sich zartbittere Hymnik so sehr in Hall, dass die Laubhütte zum Kristallpalast wird.

[BA 88 rbd]

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