Heteronyms - ALFRED HARTH, SVEN-ÅKE JOHANSSON, UWE OBERG

Heteronyms (alfred23harth.bandcamp.com): Die Bandcamp-Site von Alfred Harth ist eine Fundgrube für Weisheiten wie „Work is Love made Visible“ – als Überschrift für ein Gedenkkonzert zum 10. Todesjahr von Johnny Dyani, oder „Just like the crackles on vinyl, let's embrace life's imperfections together“  für eine Retrospektive auf das Alfred-Harth-Jazztett 1965. Anlässlich des 80. Geburtstags von Nicole van den Plas im Oktober und von Johansson im November 2023 offeriert A23H als Ständchen ein im August 2007 im Jazz-Institut Darmstadt gespieltes Konzert, das in der Besetzung an EMT anknüpfte, Harths frühes Trio mit den beiden Geburtstags-'Kindern'. Der Titel spielt an auf Fernando Pessoa als Mann mit vielen Gesichtern und Namen, dessen „kreative Vielgesichtigkeit“ sich wiederfindet bei sowohl SÅJ als auch A23H. Pessoa wird mit 'The Whole Moon, Because It Rides So High, Is Reflected In Each Pool', 'Woven Twilight', 'Blurred Portrait of Ricardo Reis?', 'My Soul Is A Hidden Orchestra', 'Followed An Abstract Deliberation Which Immediately Took The Shape Of An Ode', 'Fake Death Of Rafael Baldaya', '5. Januar Ein Mittag Traum', 'Nullity Was A Muse' und 'The Hook of Disquiet' zum Resonanzboten für die von Harth mit Tenorsaxophon, Klarinette, Kalimba, Dojirak, Kaoss Pad, One String Thing, Mouth Harp, von Oberg mit Piano, Inside Piano, Mbira, Xylofon, von Johansson mit Drums & Karton kreierte Musik. Zwischen quiekender, züllender Kakophilie, murxend gesägtem Karton, schmatzender, fauchender und tapsiger Unruhe findet Oberg ebenfalls schnell von quirliger Klimperei zu pickenden und plonkenden Machenschaften. Aber Harth wäre nicht Harth, würde er nicht auch seine sensationelle Artistik als tenoristischer Feuerspucker und inniger Sänger aufstrahlen lassen, Oberg nicht Oberg, würde er nicht bruitistische Unbeschreiblichkeiten mit arpeggierter Poesie konterkarieren. So reiben sich Art Brut und Kinderspiel mit Phantasterei in extented techniques und mit krachverliebtem Gusto. Gefühlvoll geblasene oder gefingerte Klänge sind gut Freund mit schiefen Tönen, geharften und gekratzten Drähten, gewetztem Plastik, monoton gepaukten oder schrottigen Schlägen, und wechseln auch wieder selber auf die dissonante, die 'primitive' Seite. Bis hin zu gepingtem Xylophon und beunruhigendem Noise. [BA 122 rbd]