'Scheunenviertel Aufsturz', 'Tacheles Smombie' & 'Mummerehlen Gespenstermauer' wurde benamst, was ALFRED 23 HARTH's Berlin Ensembles (KSE #363, CD-R) am 12.11. 2015 im Aufsturz-Club fabrizierten. Harth, im Steinhagel überbauter Erinnerungen an ein anderes Berlin, mit einem Fächer an Blasinstrumenten + Synthie, Kazuhisa Uchihashi (sein Partner in Hope und The Expats) an Gitarre & Daxophon, Clayton Thomas am Kontrabass & Fabrizio Spera (sein Partner in 7k Oaks) an den Drums. Die halbe Mummer-Stunde wurde zusätzlich von Elliott Sharp gitarristisch mitgestaltet. Schon ohne ihn ist das eine furiose Freejazz-Supergroup, derer Raison d'être die radikale Vertikale ist. Der umgekehrte Höllensturz, der alles luziferische Irrlichtern zurück zur Quelle reißt. Aufsturz! Lichtzwang! Kakophonie als Feuertaufe. Aber auch schon ein Vorgeschmack von Seligkeit. In seiner rücksichtslosen Freizügigkeit noch zwingender als zuvor Hope in Frankfurt. Uchihashi entfesselt wie in Altered States-Zeiten, aber auch daxophon, dass sich die Wände biegen. Keiner ist sich zu schade für einen Groove. Harth setzt ungeniert wie lange nicht den Hahn aufs Dach, bekräht den koreanischen Mond, maultrommelt im Dämmerlicht. Er spielt Bassklarinette (einfach sensationell!), Uchihashi eine Wildsau, Spera den rabiaten Anheizer und lockeren Schaumschläger, Thomas raspelt die Saiten, der Himmel steht offen. Harth eislert elegisch, hymnisch (mir kommt 'Über den Selbstmord' in den Sinn), die Gitarre splittert und hext takayanagisch, Gespenster scheuchend, mauerbrechend, der Sound eben noch kollektiv verdichtet, jetzt schon wieder licht und morgenrot. Wo setzt Sharps Mehrwert ein, was ist die Steigerung von super? Gitarrensound und Harths Tenor fusionieren bis zur Weißglut, Spera und Thomas kontern schnarrend und klapprig, Sharp wirft jaulende Blasen, heult Glissandos, gefolgt von einer fast folkloresken Passage, die Harth gießkannig bespotzt. Ein Mühlrad dreht sich ein zu einem Sambashuffle, zu koreanischem Voodoo, um sanft gefedert und wiegenliedzart zu enden.
Rigobert Dittmann, BA 95