Gift Fig (Kendra Steiner Editions, KSE #207, CDr)




Gift Fig (KSE #207, CDr) präsentiert elektroakustische Verstrickungen von CARL STONE & ALFRED 23 HARTH, teils live im Mousonturm in Frankfurt beim Festival ROT 2009, teils live im Superdeluxe in Tokyo 2010. Harth blies Reeds con arco et kaoss pad und das koreanische Taepyeongso und setzte neben allen extended techniques noch Stimme und Samples ein. Stone fütterte damit in Echtzeit Max/ MSP-Prozesse und schichtete Eigenes hinzu. Harth- & Software interagieren zu­nehmend ununterscheidbar zu maximal windschiefen Gebilden aus abgerissenen Beats, kakophonem Gebläse und Stimmfetzen. Die beiden Senioren hätten schon nach 5 Minuten mehr Grund, sich The Mighty Grin zu nennen, als irgendwelche halbgaren Berliner Würstchen. Harth faucht spuckige Mouthpercussion, Stone loopt und schlürft hintergründige Akzente, kratzt am Lack von Elektronikaffen, dreht Vocalsamples rückwärts. Ein wild gewordener Muezzin attackiert Mainhattan, dunkles Piano und Taepyeongsogetröte beschwichtigen. Jetzt klappert, knarzt und entenquakt es auf der Evolutionsspirale abwärts. Harth scattet spuckig, die Rappel­kiste kommt nicht zur Ruhe, im Gegenteil, die Stimmung wird noch übermütiger. Der kakophone, geräuschverliebte Überdruck spritzt, klimpert und kleckert bei jeder Umdrehung aus den Ventilen und Klangspeichern. Ohne Sinn für Komik ist das pures Gift, vor allem, wenn das Ganze in schräge asiatische Turbulenzen eskaliert. Harths alte Neigung zum Hyperrealismus feiert Urstände. 


[In Bad Alchemy 74 by Rigobert Dittmann (rbd)]

Keine Kommentare: